Die Wärmewende erfordert eine massive Veränderung in der Heizungsstruktur
Die Wärmebereitstellung erfordert in Deutschland derzeit einen hohen Energieeinsatz. Gemessen am Endenergieverbrauch von insgesamt 2.449 Terawattstunden (TWh) in Deutschland (2021) werden aktuell 60 Prozent für Wärme- und Kälteanwendungen verwendet.
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Davon entfallen etwa 46 Prozent auf private Haushalte, insbesondere für die Raumwärme und Warmwasserbereitstellung. Im Jahr 2021 lag der Endenergieverbrauch zur Wärmebereitstellung in privaten Haushalten bei rund 605 TWh und deckte damit 90 Prozent des gesamten Energieverbrauchs privater Haushalte.
Zur Deckung der Raumwärme in privaten Haushalten werden aktuell verschiedene Technologien eingesetzt. Insgesamt gibt es in Deutschland laut BDEW 21,3 Mio. Wärmeerzeuger im Bestand (2021). In Deutschland decken 14 Mio. Gasheizungen den Wärmebedarf für etwa 19 Mio. Wohnungen. Weitere rund 10 Mio. Wohnungen werden durch 5,2 Mio. Öl-Zentralheizungen beheizt. Darüber hinaus sind 5,6 Mio. Wohnungen an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Die Wärmepumpe hat derzeit mit 1,2 Mio. Geräten nur einen geringen Anteil von 5 Prozent an allen Wärmeerzeugern. [1]
Die Heizungsstruktur in privaten Haushalten ist daher weiterhin geprägt durch den Einsatz von Gas und Öl. Im Zuge der Transformation ist ein Umstieg auf erneuerbare Energieträger erforderlich. Mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz ist der Einsatz erneuerbarer Energien beim Einbau neuer Heizungen verpflichtend. Damit soll schrittweise eine klimafreundliche Wärmeversorgung bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger umgesetzt werden.
Brennstoffzellen-Heizung zur Deckung der Raumwärmenachfrage
Brennstoffzellen liefern die nötige Raumwärme privater Haushalte und erzeugen zudem erneuerbaren Strom. Durch den Einsatz von Brennstoffzellen werden 13 Mio. Wärmepumpen in privaten Haushalten ersetzt. Durch den Einsatz der Brennstoffzellen erhöht sich die Wasserstoffnachfrage um rund 250 TWh.
Verstärkter Netzanschluss von Elektrolyseuren im Verteilnetz
Zur Deckung des Wasserstoffbedarfs werden Elektrolyseure verstärkt im Verteilnetz angeschlossen. Die installierte Leistung bleibt mit 50 GW unverändert zur Referenz.
Deutlich höherer Wasserstoffimport
Mit Etablierung eines weltweiten Wasserstoffmarktes lässt sich insbesondere in Regionen mit vielen erneuerbaren Energiequellen kostengünstig Wasserstoff erzeugen. Infolge steigt der Wasserstoffimport von 50 TWh auf mehr als 400 TWh.
Der Netzentwicklungsplan orientiert sich in seinen Szenarien zur Wärmeerzeugung an aktuellen Energiesystemstudien. Im Referenzszenario B2045 des NEP 2037/2045 (2023) werden 13,6 Mio. Wärmepumpen für private Haushalte und 2,7 Mio. Wärmepumpen im Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) angenommen. Zur Deckung des Fernwärmebedarfs werden 13,2 Gigawatt (GW) Großwärmepumpen und 13,8 GW Elektrodenheizer eingesetzt. Um die im Szenariorahmen angenommenen 150 TWh Fernwärme bereitzustellen, kommen auch weitere Energieträger wie Solarthermie, Geothermie, Biomasse und Abwärme von Müllkraftwerken zum Einsatz.
Brennstoffzellen-Heizungen eingesetzt zur Raumwärmebereitstellung
Das Szenario D der Robustheitsprüfung Klimaneutralitätsnetz unterstellt einen anderen Transformationspfad zur Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung. Durch den verstärken Einsatz von Wasserstoff zur Wärmeerzeugung werden 13 Mio. Wärmepumpen durch Brennstoffzellen ersetzt, die primär den Wärmebedarf decken. Weitere Heizungstechnologien werden analog zum NEP beibehalten. Mithilfe von Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen Brennstoffzellen erneuerbaren Strom, wobei Wärme entsteht. Die entstehende Wärme wird in diesem Szenario zur Deckung des Raumwärmebedarfs vor allem im urbanen Raum eingesetzt.
Zur Versorgung der Brennstoffzellen werden Elektrolyseure verstärkt im Verteilnetz angeschlossen. So ist es auch möglich, die entstehende Abwärme für lokale Wärmebedarfe zu nutzen. Die installierte Leistung an Elektrolyse-Anlagen bleibt mit insgesamt 50 GW konstant gegenüber dem Referenzszenario B2045. Sie werden in Abhängigkeit des Überschusses an Erneuerbaren Energien und des Wärmebedarfs verortet und verschieben sich im Vergleich zur Referenz in die südlichen Regionen Deutschlands.
Erhöhter Wasserstoffbedarf führt zu höheren Importen
Durch den Einsatz der Brennstoffzellen erhöht sich der Wasserstoffbedarf um 250 TWh. Ebenso wird eine verstärkte Durchdringung von Wasserstoff zur Bereitstellung von industrieller Prozesswärme unterstellt. Durch den zunehmenden Einsatz von Wasserstoff im Industriesektor sinkt der Strombedarf der Industrie in Szenario D um etwa 20 Prozent. Mit Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft wird in allen NEP-Szenarien langfristig ein liquider Markt unterstellt, über den die Importe beschafft werden können. Zur Deckung des erhöhten Wasserstoffbedarfs steigt der Import um das Achtfache gegenüber der Referenz im Jahr 2045, die Importquote beträgt 70 Prozent.
Zeitgleich wird eine geringere Leistung von Onshore-Windenergie und Photovoltaik (PV) unterstellt. Die EE-Zubauraten sind um ein Drittel geringer als in der Referenz. Besonders in Bayern und Baden-Württemberg sinkt die installierte Leistung an PV-Anlagen. Aber auch in Niedersachsen wird die installierte Leistung an Onshore-Wind reduziert. Das Ziel des Offshore-Windausbaus wird hingegen nicht verändert, sodass der Ausbau auf 70 GW Offshore-Windleistung weiterhin bestehen bleibt.
Die Energiebilanz zeigt die Differenz zwischen der Stromerzeugung und der Last je Bundesland. Bei positiver Bilanz wird in einer Region mehr Strom erzeugt als verbraucht. Ist die Energiebilanz negativ, überwiegt die Last. Somit gibt die Grafik Aufschluss über Erzeugungs- und Lastzentren in Nord- und Süddeutschland. Mit Blick auf die Energiebilanz der einzelnen Bundesländer ist in Szenario D nur eine geringe Änderung im Energieüberschuss im Norden bzw. dem Energiedefizit im Süden Deutschlands zu erkennen. Der Stromüberschuss in Bayern sinkt in diesem Szenario deutlich aufgrund der höheren Elektrolyselast und einem geringeren EE-Ausbau. In Niedersachsen wird die sinkende Elektrolyselast und geringere Anzahl an Wärmepumpen bei einem gleichzeitig geringeren EE-Ausbau über einen deutlichen Anstieg der Stromerzeugung aus Brennstoffzellen aufgefangen, wodurch der Stromüberschuss ansteigt.
Der Stromimportbedarf von Deutschland sinkt um etwa 19 TWh, dennoch bleibt ein Nettoimport von insgesamt 100 TWh bestehen.
Nord-Süd-Transportaufgabe sinkt in der Spitze
Der Transportbedarf im Übertragungsnetz vom Norden in den Süden Deutschlands gilt als guter Indikator zur ersten Einschätzung der Belastung im Übertragungsnetz. Er gibt an, wie viel Leistung in einer Stunde des Jahres von einer Region in eine andere transportiert wird. Der Zuschnitt wird entlang des 50,4°-Breitengrades und der Amprion-Regelzone gewählt, analog zur Definition der vier Übertragungsnetzbetreiber.
Die Jahresdauerlinie zeigt die Nord-Süd-Transportaufgabe geordnet nach der Höhe des Transportbedarfs in einer Stunde des Jahres. In Szenario D sinkt die Transportaufgabe zwischen dem windreichen Norden und den Lastzentren im Süden Deutschlands in der Spitze um mehr als 5 GW. Im Mittel steigen die Netzbelastungen jedoch. Diese liegen durchschnittlich 1,5 GW höher als im Referenzszenario. Grund hierfür ist unter anderem die höhere Anzahl von Elektrolyseanlagen im Süden.
Der Netzanschluss der Elektrolyseure im Verteilnetz bietet einen effektiveren Einsatz dieser Flexibilitätspotenziale zur Bewirtschaftung von Netzengpässen. Mit Blick auf das Übertragungsnetz wirken die getroffenen Änderungen der Erzeugungs- und Laststruktur somit entlastend. Der prognostizierte Bedarf zur Bewirtschaftung von Netzengpässen sinkt um etwa 0,9 TWh pro Jahr gegenüber der Referenz.
Fazit:
Auch bei einer verstärkten Allokation der Elektrolyseure im Verteilnetz zeigt sich das Klimaneutralitätsnetz des Netzentwicklungsplans 2037/2045 (2023) weiterhin robust, obwohl die Transportaufgabe in der Spitze sinkt.
Quellen:
[1] BDEW: Statusreport: Wärme (Stand August 2023)