Das Projekt lebt von den Partnern
Nur durch einen breit aufgestellten Diskurs kann ein gemeinsames Zielbild des Energiesystems entstehen. Daran arbeiten Dr. Stephanie Ropenus und Dr. Kai Flinkerbusch von Amprion im Projekt „Systemvision 2050“.
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Frau Dr. Ropenus, Herr Dr. Flinkerbusch, was macht das Projekt „Systemvision 2050“ so besonders?
Dr. Stephanie Ropenus: Es geht um die Zukunft des Energiesystems. Deutschland und Europa wollen bekanntlich klimaneutral werden. Viele Wege führen zu diesem Ziel – und auf ihnen sind viele energiepolitische Akteurinnen und Akteure mit unterschiedlichen Vorschlägen unterwegs. Wir bieten mehr als 20 Partnern die Möglichkeit, ihren Weg zum klimaneutralen Energiesystem vorzustellen. Mit Hilfe unserer Modellierungskompetenz können sie ihre „eigene Energievision“ der Zukunft abbilden. Dabei entwerfen unsere Partner ihre ganz individuellen Zielbilder eines dekarbonisierten Energiesystems, inklusive Strom, Wärme, Gas, Wasserstoff und Verkehr.
Dr. Kai Flinkerbusch: Diese individuellen Systemvisionen sind – das ist neu – miteinander vergleichbar. Das versachlicht die Annahmen und Ergebnisse und lädt zur Diskussion ein. Durch diesen breit aufgestellten Diskurs kann ein gemeinsames Zielbild des Energiesystems entstehen, an dem sich wiederum die Politik orientieren kann. Denn sie stellt die Weichen für die weitere Entwicklung.
Das Projekt lebt von denen, die sich beteiligen. Wie haben die Partner auf das Angebot einer Modellierung reagiert?
Ropenus: Die Resonanz war sehr positiv. Viele haben uns signalisiert, dass sie sich eine solche Gelegenheit tatsächlich schon länger gewünscht haben. Wie es in einem Gastbeitrag von einer Systemvision-Partnerin treffend formuliert wurde: „Meine eigene Vision der Energiewelt für 2050, ich darf mir die Welt basteln, wie sie mir gefällt. Pippi Langstrumpf at its best!?“. Den Partnern gefällt, dass sie in ihrem Gastbeitrag frei sind, ihre Systemvision der Zukunft darzulegen und dabei hervorzuheben, welche Aspekte bei der Umsetzung der Energiewende ihnen besonders wichtig sind. Uns kommt es ja auf die Pluralität der Ansätze an.
Flinkerbusch: Gegensätze sind gewünscht. Um aus den vielen Systemvisionen im nächsten Schritt Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten, setzen wir auf eine wissenschaftliche Begleitforschung. Es geht dabei unter anderem um die von den Partnern gewählten Annahmen und die Ergebnisse der Modellierungen. Hier sind wir schon sehr gespannt auf die übergreifende Analyse, die die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) aus München gerade ausarbeitet.
Welche Aufgaben nehmen Sie persönlich im Projekt wahr?
Flinkerbusch: Stephanie und ich kümmern uns um die erste Ansprache der Partner, organisieren die Modellierungs-Gespräche und koordinieren den Modellierungsprozess. Am Ende bereiten wir die Veröffentlichung der individuellen Ergebnisse vor und organisieren Veranstaltungen zum fachlichen Austausch mit den Partnern.
Ropenus: Für Anfang 2022 planen wir eine öffentliche Veranstaltung. Dort werden wir das Projekt der Energiebranche und allen Interessierten vorstellen. Dabei gibt es natürlich Präsentationen von Systemvisionen der Partner. Angedacht ist aber auch eine Podiumsdiskussion zur spannenden Frage der Governance: Wer wird wie das alles umsetzen können?
Wie lange läuft das Projekt? Was erwartet uns noch?
Ropenus: Zunächst einmal erwarten wir weitere Partner-Beiträge für die Projekt-Webseite systemvision2050.de. Es lohnt sich also, dort zu stöbern, es kommen neue Inhalte hinzu! Natürlich wird die Diskussion zum Energiesystem der Zukunft weitergehen – und mit den anstehenden Koalitionsverhandlungen sicherlich noch einmal Fahrt aufnehmen. Auch wenn das Jahr 2045 weit weg erscheint, müssen die politischen Weichenstellungen bereits heute erfolgen.
Flinkerbusch: Parallel zu der Webseite werden spannende Beiträge in den sozialen Medien gepostet – hier finden dann auch Fachdebatten statt, die wir sehr interessiert begleiten. Für 2022 haben wir bereits einige Ideen, wie es weitergeht. Aktuell ist es uns aber vor allem wichtig, dass die vielen Erkenntnisse, die wir durch die „Systemvision 2050“ gewinnen, in die Gestaltung des Energiesystems eingebracht werden.
Mehr erfahren
- über das Projekt und die Modellierungen .
- Die bisherigen Systemvisionen im Überblick.
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Über die Interviewten
Dr. Stephanie Ropenus ist als Referentin Energiepolitik bei Amprion im Berliner Hauptstadtbüro tätig. Bei der „Systemvision 2050“ umfasst ihre Arbeit den Prozess von der Partneransprache, über die Betreuung der Modellierung bis hin zur Veröffentlichung der Gastbeiträge sowie der politischen Kommunikation des Projektes. Zuvor war Stephanie Ropenus Senior-Projektmanagerin bei VDE FNN, Projektleiterin bei Agora Energiewende für Netze, Digitalisierung und nordische Energiekooperation sowie politische Referentin für Netzintegration beim Bundesverband WindEnergie e.V. Sie hat als Wissenschaftlerin im Bereich Energieökonomie am Risø National Laboratory for Sustainable Energy, Technical University of Denmark (DTU) in Roskilde gearbeitet, wo sie zuvor in Kooperation mit der University of Southern Denmark promoviert hat.
Dr. Kai Flinkerbusch arbeitet als Referent für Strategie und Politik bei Amprion. Als stellvertretender Projektleiter der „Systemvision 2050“ arbeitet er intensiv an den Schnittstellen des Projektes, von der Partneransprache, über die Modellierung, bis zur Veröffentlichung der Beiträge. Weiterer Arbeitsschwerpunkt ist insbesondere die Umfeldanalyse in den Bereichen Politik und Energiewirtschaft. Vor seiner Zeit bei Amprion war Kai Flinkerbusch als Analyst bei der Steag GmbH und als Berater bei der conenergy AG aktiv. Seine Promotion zum Dr. rer. pol. absolvierte er am Lehrstuhl für Volkswirtschaftstheorie in Münster.