Bei der Energiewende führt kein Weg an der Elektrifizierung vorbei. Wärmepumpen tragen schon jetzt entscheidend zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors bei. Die nächste Bundesregierung sollte einen fairen Wettbewerb der Klimaschutztechnologien ermöglichen.
Die Verschärfung der Klimaziele bis hin zur angestrebten Klimaneutralität 2045 haben gezeigt, dass die Zeit drängt. Absichtserklärungen werden der Dimension des Problems nicht gerecht. Es genügt nicht mehr, die Verantwortung auf nachfolgende Generationen und andere Weltregionen abzuschieben. Jetzt sind konkrete Maßnahmen gefragt, die es in höchstem Maß wahrscheinlich machen, die Klimaziele zu erreichen. Die gute Nachricht ist jedoch, dass wir die dafür nötigen Technologien schon heute zur Hand haben.
Wärmepumpen werden vermehrt auch in der Sanierung eingesetzt
Als Bundesverband Wärmepumpe (BWP) liegt unser Fokus auf dem Wärmesektor. Die Emissionen, die durch Wärmeerzeugung im Gebäudesektor entstehen, beliefen sich in Deutschland 2020 auf 120 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente1. Die Dekarbonisierung dieses Sektors ist aufgrund der Akteursvielfalt außerordentlich komplex. Bereits heute stellt die deutsche Heizungsindustrie Technologien wie z. B. die Wärmepumpe zur Verfügung, die enormes Treibhausgas-Einsparpotential bieten. Wärmepumpen dominieren bereits den Neubau und sind auch in der Sanierung angekommen: Etwa jede zweite Wärmepumpe geht in den Heizungstausch. Im Jahr 2020 haben Hauseigentümer in über 30.000 Fällen einen Ölkessel mit einer Wärmepumpe ersetzt und den entsprechenden Förderbonus genutzt. Auch in Mehrfamilienhäusern, Gewerbeimmobilien und in der Nah- und Fernwärme werden Wärmepumpen in unterschiedlichen Leistungsgrößen eingesetzt.
Mehr Netzstabilität durch steuerbare Verbraucher
Für das Gelingen der Energiewende ist die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung im Gebäudebestand entscheidend. Die Wärmepumpen-Technologie ist erprobt, verfügbar und genießt eine hohe Akzeptanz. Neben der Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich kann die Wärmepumpe einen wichtigen Beitrag dazu leisten, ein auf erneuerbarem Strom basierendes Energiesystem zu stabilisieren. Denn die Umstellung von zentralen Kraftwerken, befeuert mit fossilen Brennstoffen, auf erneuerbare Stromerzeuger, die dezentral und vergleichsweise variabel einspeisen, erhöht den Steuerungsbedarf des Energiesystems. Wärmepumpen sind steuerbare Verbraucher. In Zeiten hoher Einspeisung von erneuerbarem Strom können Wärmepumpen zugeschaltet werden, um notwendige Last zu erzeugen. Wenn zu diesem Zeitpunkt kein Wärmebedarf besteht, kann die Energie thermisch gespeichert werden. Bei niedriger Erzeugung dagegen kann der Wärmebedarf durch die gespeicherte Energie gedeckt werden.
Die Gesamtstromerzeugung in Deutschland beläuft sich auf 992 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2050, wobei rund 75 Prozent aus Wind- und Solarstromerzeugung stammen. Die übrigen 25 Prozent werden vor allem durch Gaskraftwerke zur Verfügung gestellt, die Wasserstoff als Brennstoff nutzen.
Dezentrale Wärmepumpen benötigen im Zieljahr für den Bereich Raumwärme 75 TWh Strom, Großwärmepumpen für die Fernwärme 13 TWh. Zusammen mit Umgebungswärme aus Luft, Erde und Wasser werden dar-aus in Summe 271 TWh Wärme bereitgestellt.
Die Nachfrage nach Wasserstoff in Deutschland wird 2050 auf 623 TWh steigen, wobei er nahezu vollständig importiert wird.
Einsparpotenzial in den Verteilnetzen
Der Ausbau der Übertragungsnetze wird auch bei einer dezentralen Energiewende notwendig sein. Daneben existiert jedoch in den Verteilnetzen ein hohes Flexibilisierungs- und Innovationspotential, durch das Kosten eingespart werden können. Es wird ein höherer Automatisierungsgrad bei der Systemführung und mehr Koordination zwischen den Beteiligten erforderlich sein. Dies betrifft vor allem die Verteilnetzebene, wo wesentlich mehr intelligente Mess- und Steuerungstechnik eingesetzt werden muss.
Ergebnisse unserer Modellierung
Die Modellierung auf Grundlage unserer Parameter bringt folgende Ergebnisse hervor:
1. Das Energiesystem beruht nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien. Strom ist der wichtigste Energieträger in diesem System. Seine direkte Nutzung wird aufgrund der hohen Effizienz der technischen Lösungen großflächig bevorzugt. Die Gesamtstromerzeugung in Deutschland beläuft sich auf 992 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2050, wobei rund 75 Prozent aus Wind- und Solarstromerzeugung stammen. Die übrigen 25 Prozent werden vor allem durch Gaskraftwerke zur Verfügung gestellt, die Wasserstoff als Brennstoff nutzen.
2. Die Elektrifizierung der Sektoren Wärme, Verkehr und – wo möglich – Industrie führt zu einem höheren Stromverbrauch. Strombasierte Anwendungen erzeugen die meiste Wärme: Im Bereich der Gebäudewärme sind Wärmepumpen im Einsatz, im Bereich der Industrie zusätzlich Elektroheizer und Wasserstoffbrenner. Dezentrale Wärmepumpen benötigen im Zieljahr für den Bereich Raumwärme 75 TWh Strom, Großwärmepumpen für die Fernwärme 13 TWh. Zusammen mit Umgebungswärme aus Luft, Erde und Wasser werden daraus in Summe 271 TWh Wärme bereitgestellt.
3. Die Nachfrage nach Wasserstoff in Deutschland wird 2050 auf 623 TWh steigen, wobei er nahezu vollständig importiert wird. Zum Einsatz kommt er vornehmlich in der Industrie für stoffliche Nutzung und Prozesswärme sowie bei der Befeuerung von Back-Up-Kraftwerken zur Stromerzeugung. Aufgrund dieser Anwendungszwecke spielt die Beimischung von Wasserstoff in die verbleibenden Erdgasnetze keine nennenswerte Rolle.
Fairen Wettbewerb um Klimaschutz ermöglichen
Um den notwendigen Transformationsprozess auf den Weg zu bringen, kommt es in der kommenden Legislaturperiode darauf an, kurzfristig einen fairen Wettbewerb um Klimaschutz zu ermöglichen. Der CO2-Preis allein kann diese Funktion in den kommenden Jahren nicht erfüllen. Daher ist das dringendste Handlungserfordernis eine deutliche Entlastung des Strompreises. Entscheidend ist eine rasche und seitens der Marktakteure klar erkennbare Ausrichtung der Energiepreisregulierung mit dem Ziel eines fairen Wettbewerbs der Klimaschutztechnologien. Energiepreise und weitere rechtliche Standards sind konsequent und technologieoffen daran auszurichten, dass die europäischen und nationalen Verpflichtungen erfüllt werden.
Die Digitalisierung der Stromnetzinfrastruktur muss auch von der politischen Seite konsequent angereizt und vorangetrieben werden. Die Bereitstellung und Verarbeitung von Informationen über das Verhalten Millionen dezentraler Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen sind für einen energiewendetauglichen Netzbetrieb unerlässlich. Sie bilden damit die Grundlage für eine datengetriebene Optimierung des Energiesystems, die von größter Bedeutung ist, um die Klimaziele zu erreichen.
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1 https://www.bmu.de/pressemitteilung/treibhausgasemissionen-sinken-2020-um-87-prozent/